Finanzielle & rechtliche Vorsorge  – Welche Absicherung für den Ernstfall notwenig ist

Rechtliche Vorsorge

Wer denkt schon gerne an den Fall, pflegebedürftig zu werden und nicht mehr selbst für sich sorgen zu können? Ganz ehrlich, ich bekomme bei dem Gedanken ein mulmiges Gefühl. Trotzdem ist es unheimlich wichtig sich mit der rechtlichen Vorsorge auseinanderzusetzen und Entscheidungen zu treffen, wie es im Ernstfall weiter geht, falls man selbst nicht mehr dazu in der Lage ist.

Ich selbst bin keine Expertin auf dem Gebiet und habe mit deswegen mit einem echten Profi gesprochen: Rebecca Kurth ist Rechtsanwältin in einer Münchner Kanzlei, die sich auf den Bereich Vermögensnachfolge spezialisiert hat.

Warum ist das Thema so wichtig? Warum kümmern sich so wenige um die rechtliche Vorsorge?

Niemand setzt sich gerne mit unangenehmen Themen wie dem eigenen Tod, einem Unfall oder einer möglichen Scheidung auseinander. Deswegen schieben wir das Thema rechtliche Vorsorge gerne vor uns her. Hinzu kommt: Man weiß gar nicht was man alles regeln kann. Man denkt bei dem Wort Vorsorgevollmacht auch eher, dass das immer nur ältere Menschen betrifft. Es ist eben kein akutes Bedürfnis, sondern scheint oft weit weg und was für später zu sein.

Doch man weiß nie, was morgen passiert. Es geht nicht immer nur um Vorsorge im Alter – jeder kann morgen einen Unfall haben und kurzfristig oder auch länger handlungsunfähig sein. Deswegen ist es gut, wenn man heute schon an morgen denkt und Fragen klärt wie: Wer kann im Ernstfall für mich handeln? Wer hat Zugriff auf Konten, Unterlagen usw.? Wer kümmert sich um bestimmte Themen?

Hat man das vorab geklärt, spart man sich sehr viel Kopfzerbrechen in einer Zeit, wo man emotional sehr stark belastet ist. Es ist viel einfacher und kostengünstiger sich jetzt darum zu kümmern und abzusichern, als später die Probleme zu lösen die aus fehlender Vorsorge entstehen.  Und vor allem ist es wichtig, mit der bevollmächtigten Person zu sprechen, damit diese auch weiß um welche Themen sie sich kümmern muss und weiß was zu regeln ist.

Findest du, dass solche Themen auch in der Schule behandelt werden sollte?

Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, in der Schule ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass diese Vorsorgethemen nichts sind, was nur jemandem im Alter betrifft. Sondern auch in jungen Jahren die rechtliche Vorsorge geregelt sein sollte – am besten wenn man anfängt zu arbeiten. Man muss nicht im Abi wissen, wie man eine Vollmacht erstellt. Aber zu wissen, welche grundlegenden Funktionen unseres Rechtssystems zu bieten hat, wäre schon ganz gut.

Denn man hat im alltäglichen Leben oft schon mit Vollmachten zu tun, ohne es zu merken. Wenn z.B. dein Freund dein Päckchen bei der Post abholt, dann ist er schon Bevollmächtigter.

Wo fängt man bei dem Thema als Laie an? Welche Vollmachten gibt es überhaupt? 

In der rechtlichen Vorsorge gibt es zum einen die General- und Vorsorgevollmacht und zum anderen noch die Betreuungsverfügung und Patientenverfügung.

General – und Vorsorgevollmacht – das wichtigste Dokument

Die General- und Vorsorgevollmacht erfasst die Vermögenssorge und Reglungen der finanziellen Angelegenheiten, wie die Zahlung von Verpflichtungen wie Miete, Strom oder Versicherungen. Aber auch die Personensorge gehört dazu und soll die Bestellung eines Betreuers durch das Gericht verhindern. Hier geht es um Themen, die den Körper und die Gesundheit betreffen. Zum Beispiel, wenn jemand ins Krankenhaus kommt und im Koma liegt:  Der Bevollmächtigte kann dann darüber entscheiden in welches Krankenhaus, welche Behandlungen die Person bekommen soll, usw.

Achtung! solche Vollmachten treten immer erst in Kraft, wenn die Person wirklich keine eigenen Entscheidungen mehr treffen und nicht mehr handeln kann. Der Bevollmächtigte kann nicht jederzeit über dich und deinen Willen entscheiden. Nur dann, wenn du selbst dazu nicht mehr in der Lage bist eine rechtsverbindliche Entscheidung zu treffen darf diese Person das übernehmen. Eben weil du krank bist, im Koma liegst oder vielleicht auch psychischen Gründen.

Betreuungsverfügung

Die Betreuungsverfügung wird vom Gericht dann angeordnet, wenn du selbst deine Angelegenheiten nicht mehr klären kannst und niemanden bevollmächtigt hast. Das heißt, die Betreuungsverfügung ist sozusagen ein Auffangnetz, falls man keine General- und Vorsorgevollmacht hat oder diese aufgehoben hat oder diese lückenhaft ist. Man hat z.B. keinen Bevollmächtigten für einen bestimmten Lebensbereich definiert. Dann entscheidet ein Gericht, dass für diesen Tätigkeitsbereich ein Betreuer gestellt werden muss.

Patientenverfügung

Die rechtliche Vorsorge umfasst auch die Patientenverfügung. Da geht es um die Personensorge und überschneidet sich mit der Vorsorgevollmacht. Doch bei einer Patientenverfügung entscheidet man, welche medizinischen Maßnahmen man will oder nicht will, wobei in er Vorsorgevollmacht allgemeiner ist und z.B. drin stehen kann, dass der Bevollmächtigter über medizinische Belange entscheiden darf.

Die Patientenverfügung ist nichts, was man im Vergleich zur General- und Vorsorgeverfügung immer abschließt. Hier handelt es sich um eine Geschmackssache: möchte man sich jetzt schon festlegen, was man will und was nicht? Oft kann man die Situation gar nicht einschätzen, in der man sich dann befindet.

Auch wenn man nur eine Vorsorgevollmacht und keine Patientenverfügung erteilen will, ist es empfehlenswert diese zumindest auszufüllen. Auch wenn man sie nicht unterschreibet und sie somit nicht rechtsverbindlich ist, kann die Person die man in der Vorsorgevollmacht genannt hat, besser im eigenen Sinne handeln.  

Ein kleiner Tipp am Rande: Speziell bei Banken nach Formularen zu Vollmachten fragen. Denn auch wenn man eine General- und Vorsorgevollmacht hat, erkennen viele Banken diese oft in der Praxis nicht an und verlangen sie dann ihre eigenen Formblätter.

Müssen Vollmachten an einer bestimmten Stelle hinterlegt werden?

Es gibt keine Pflicht die Vollmacht an eine bestimmte Stelle zu hinterlegen.  Um die rechtliche Vorsorge richtig anzugehen, empfiehlt es sich jedoch, jedem Bevollmächtigten ein Exemplar zur Verwahrung zu geben. Einfach aus dem Grund, weil man oft schnell handeln muss und dann die Vollmacht nichts bringt, wenn man keinen Zugriff darauf hat. Oder man sagt demjenigen, wo diese Vollmacht aufbewahrt wird. Und am besten natürlich so, dass der Bevollmächtigte auch drankommt.

Es gibt aber auch das Zentrale Vorsorgeregister. Dort kann man hinterlegen, dass man bestimmte Vollmachten hat und wer die Bevollmächtigten sind, inklusiver ihrer Kontaktdaten. Dort werden dann aber nicht die Vollmachten an sich aufbewahrt, sondern tatsächlich nur die Informationen darüber. Also wie gesagt welche Vollmachten man hat und wer Bevollmächtigter ist usw.  So können Ärzte abrufen, ob für diese Person eine Patientenverfügung vermerkt wurde oder eben nicht. Hier muss man nur daran denken, Änderungen auch im Zentralen Vorsorgeregister upzudaten. Am besten ist es in dem Fall aber, den Widerruf von Vollmachten vermerken zu lassen –  sonst setzt man einen falschen Rechtsschein.

Gibt es Vorlagen die man nutzen kann? Oder würdest Du immer rechtlichen Rat empfehlen?

Ja, für die rechtliche Vorsorge gibt gute Muster und Vorlagen, die sich gut für den Normalverbraucher eignen. Vorlagen für Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen kann man sich beim Bundesministerium der Justiz herunterladen. Die Vorlage für die Patientenvollmacht findet man beim Bundesministerium für Gesundheit. Diese Muster sind an sich sehr gut und allumfassend. Trotzdem solle sollte man sich auf jeden Fall inhaltlich mit den Regelungen auseinandersetzen und informieren und nicht einfach ankreuzen. Eine Patientenverfügung sollte man zusammen mit einem Arzt besprechen.

Wenn man allerdings gar nicht versteht, was in den Vollmachten genau geregelt ist, dann sollte man sich auf jeden Fall rechtlich beraten lassen. Oder auch sobald man eine Abweichung vom Normalfall hat. Zum Beispiel wenn man selbstständig oder unternehmerisch tätig ist. Dann sollte genau geklärt werden, was genau mit meiner Gesellschafterstellung passiert, wenn ich durch Krankheit verhindert bin oder sogar versterbe. Oder auch wenn man zum Beispiel im Ausland lebt und auf Mallorca überwintert, dann lohnt es sich ebenfalls anwaltlich beraten zu lassen. Denn man sollte vorab klären, ob und welche Verfügungen dann in Spanien wirksam sind oder nicht. Oder ob dort andere Vollmachten ausgestellt werden müssen.

Anmerkung: hier findest du die Links zur Vorsorgevollmacht sowie zur Patientenverfügung.

Muss der Bevollmächtigter damit einverstanden sein Bevollmächtigter zu sein?

Man muss dazu nicht einwilligen, aber man muss die Vollmacht auch nicht ausüben. In dem Moment, wo man nichts macht, passiert auch nichts. Für den Fall, dass der eigentliche Bevollmächtigte das Amt nicht antreten will oder ihr selbst etwas passiert ist deswegen ein Ersatzbevollmächtigter ratsam.  Bei Ehepaaren ist oft der Fall, dass diese sich gegenseitig bevollmächtigen. Wenn aber beide gemeinsam einen Unfall haben, ist es klug eben diese Ersatzperson anzugeben.

Was muss notariell beglaubigt werden?

Grundsätzlich kann bei der rechtlichen Vorsorge alles privatschriftlich erfolgen.  Man kann also alles einfach ausdrucken und unterschreiben. Man muuss nichts handschriftlich festgehalten, wie beim Testament.

Bei General- und Vorsorgevollmacht ist es jedoch so, dass man eine notarielle Beglaubigung benötigt, wenn der Bevollmächtigte über Grundstücke verfügen soll. Auch im Zusammenhang mit bestimmten gesellschaftsrechtlichen Handlungen gibt es Formvorschriften, die eine Beglaubigung vom Monat brauchen.    

Muss alles nur einmal aufgesetzt werden oder sollten Änderungen stets angepasst werden?

Grundsätzlich ist es ganz wichtig immer dann, wenn sich die Lebensumstände ändern, die Vollmachten zu überprüfen und zu aktualisieren, falls notwendig. Zusätzlich gibt es sehr häufig Veränderungen im rechtlichen und medizinischen Bereich. Deswegen würde ich allgemein empfehlen die Vollmachten alle 2 Jahre durchzusehen und upzudaten und auch zu schauen, ob mein Verhältnis zum Bevollmächtigten immer noch gut ist und ich dieser Person weiterhin vertraue.

Wann macht ein Ehevertrag Sinn?

Im Ehevertrag können sowohl finanzielle Ansprüche geregelt werden als auch andere Reglungen wie z.B. der Umgang mit den Kindern. Oder auch wer in der Wohnung bleibt, wer auszieht, usw.

Vom Gesetzgeber her gibt es jedoch bereits sehr viele Reglungen zum Thema Ehe. Deswegen ist es zunächst sinnvoll, sich diese Regelungen erst einmal anzusehen und zu überlegen, ob die auf die eigene Lebenssituation passen und man sich diese Regelungen im Fall einer Scheidung als „gerecht“ empfinden würde.

Wenn allerdings die eigene Lebenssituation stark abweicht vom Normalfall, kann ein Ehevertrag tatsächlich Sinn machen. Zum Beispiel wenn ein Ehepartner viel Vermögen in der Familie hat, ein Ehepartner eingeschränkt erwerbsfähig ist, ein Ehepartner in seiner Erwerbstätigkeit stark „zurücksteckt“ und sich der Kinderversorgung widmet oder man gemeinsam größere Investitionen tätigen will wie ein Hauskauf.

Was sollte ein Ehevertrag enthalten?

Was der Ehevertrag enthalten soll ich schwierig pauschal zu beantworten, da es immer stark auf den Individualfall ankommt. Aber um hier ein paar Anhaltspunkte zu geben, sollte man sich zunächst überlegen, was das Ziel des Vertrages sein sollte. Finanzielle Absicherung oder gibt es anderweitige Zielsetzungen?  Will man den anderen Partner für die Zukunft finanziell absichern oder eigene Vermögenswerte vor einem zukünftigen Zugriff schützen? Das lässt sich dann unterteilen in:

  • Güterstand: Modifizierte Zugewinngemeinschaft, bei der bestimmte Vermögenswerte aus dem Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden. Zum Beispiel vererben Eltern der Tochter ein Haus. Der Wert des Hauses ist zum Zeitpunkt der Übertragung gesetzlich vom Zugewinn ausgenommen, die Wertsteigerung jedoch nicht. Bei den steigenden und hohen Immobilienpreisen in Bayern kann das schnell dazu führen, dass die Ehefrau den Wertzuwachs an den Ehemann ausgleichen muss.
  • Vorsorge fürs Alter: Wenn beispielsweise die Frau zu Hause bleibt, um Kinder zu versorgen, kann man im Ehevertrag noch festlegen, dass die Einbußen bei der Rente über den gesetzlichen Anteil hinaus ausgeglichen wird, indem man eine Abschlagszahlung leistet. 
  • Erbrechtliche Themen wie Pflichtteilsverzicht für bestimmtes Vermögen.

Kann ein Ehevertrag nachträglich geschlossen werden?

Ja, man kann einen Ehevertrag  sowohl vor der Eheschließung als auch nach der Eheschließung vereinbaren.  Er ist auch möglich, diesen  immer wieder zu ändern und an die geänderte Lebenssituation anzupassen.

Wichtig: Ehevertrag nicht schließen, wenn man schwanger ist, das kann ggf. zur Unwirksamkeit des Vertrages führen.

Muss ein Ehevertrag vom Notar aufgesetzt werden?

Ja, der Ehevertrag benötigt zwingend eine notarielle Beglaubigung. Das wird zwar schnell teuer, je nach Vermögen, hat aber den Vorteil, nicht zu vorschnelle Entscheidungen am Mittagstisch zu treffen. Denn dort werden beide Parteien aufgeklärt, was sie eigentlich genau vereinbaren und welche Folgen das für sie hat.

Welche Themen sollte man als Kind mit seinen Eltern unbedingt besprechen?

Am wichtigsten sind drei Bereiche, die Eltern und Kinder miteinander besprechen sollten, wenn es um die rechtliche Vorsorge geht:

Erbrecht/Testament

Im erbrechtlichen Bereich ist es grundsätzlich sinnvoll mal über das Testament zu besprechen. Denn manchmal macht es Sinn schon zu Lebzeiten Dinge zu regeln. Wenn beispielweise Vermögen vorhanden ist, wie eine Immobilie, die an die nächste Generation übergeben werden soll. Dann kann man überlegen, ob eine lebzeitige Übertragung nicht Sinn macht, damit Freibeträge ausgenutzt und viele Steuern gespart werden können.

Hat man mehrere Kinder, ist es gut frühzeitig darüber sprechen, wer was bekommen soll, um mögliche Konflikte zu erkennen und ausräumen zu können. Zum Beispiel sagt man das eine Kind bekommt den Hof, das andere dafür Barvermögen o.ä. Das kann sehr viel Streit und geldintensive Erbstreitigkeiten vermeiden!

Und: Wie will man beerdigt werden? Eine Anordnung im Testament ist nicht sinnvoll, da die Testamentseröffnung in der Regel nach der Beerdigung erfolgt. Besser ist es dieses Thema mit in die Vorsorgevollmacht reinzunehmen.

Vorsorgevollmachten 

Was sind die Wünsche, wenn man pflegebedürftig wird. Wo will man leben? Will man, dass eine Pflegekraft in der eigenen Wohnung lebt oder lieber in betreutes Wohnen? Wer soll sich um was kümmern? Sollen sich alle zusammen um alles kümmern oder ist eine Aufteilung der Aufgaben besser?

Dann ist es empfehlenswert eine Übersicht über die finanzielle Situation zubekommen: Welche Konten haben die Eltern bei welcher Bank? Gibt Online-Zugänge? Wo sind alle wichtigen Unterlagen aufbewahrt?

Patientenverfügung

Es sollten Fragen geklärt werden wie: Wie sind die eigenen Vorstellungen von Krankheit und Sterben? Welche Behandlungen will man und welche auf keinen Fall?  Man kann auch die Patientenverfügung zusammen durchgehen und besprechen, was man davon hält.

Fazit

Wer sich um seine rechtliche Vorsorge kümmern will, sollte grundsätzlich General- und Vorsorgevollmachten sowie Betreuungsverfügungen erstellen. Diese können zuhause verfasst und unterschrieben werden. Im Normalfall sind notarielle Beglaubigungen nicht notwendig. Ganz wichtig ist, die bevollmächtigte Person darüber zu informieren, dass man sie dazu ernannt hat und ihr am besten die Vollmachten auszuhändigen. Hat man dann noch für die Bankvollmacht die Formulare der jeweiligen Bank benutzt und aktualisiert seine Vollmachten alle zwei Jahre, ist man gut vorbereitet.

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