Mit 50 in Rente gehen – geht das?

Mit 50 in Rente

Früher aufhören zu arbeiten und nur noch vom Ersparten zu leben, ohne sich einschränken zu müssen ist der Traum vieler. Deswegen möchte ich mich in diesem Blogartikel damit beschäftigen, ob man mit 50 in Rente gehen kann. Und falls ja: wie genau das funktioniert. Wie rechnest du dir aus, welche Summe du dafür benötigst? Welche Mittel und Wege es gibt es, um die Summe dann schließlich zu erreichen?

FIRE Bewegung & Frugalismus

Das Ziel früh in Rente zu gehen hat sich in letzter Zeit zu einem wahren Trend entwickelt, der sogar einen Namen hat: die FIRE-Bewegung. Die Abkürzung FIRE steht für financial independence, retire early und bedeutet auf Deutsch frühe Rente durch finanzielle Unabhängigkeit. Der Preis für diese künftige Unabhängigkeit ist ein sparsames Leben in der Gegenwart. Normalerweise arbeiten Angestellte ja für mehrere Jahrzehnte und gehen dann in Rente.  Dieses Prinzip kehren Anhänger der FIRE-Bewegung um: Sie arbeiten 10 bis 20 Jahre sehr hart – und danach nicht mehr. Ihren Lebensunterhalt finanzieren sie anschließend durch ein selbst erarbeitetes, passives Einkommen. Das passive Einkommen erhalten sie durch Renditen aus Geldanlagen, indem sie zuvor einen großen Anteil ihres Einkommens investieren und ansonsten sparsam Leben.

Die Voraussetzung für das passive Einkommen ist also zuvor über einen bestimmten Zeitraum frugal zu leben. Frugal bedeutet sparsam oder auch genügsam. Eine konsequente sparsame Lebensweise ist also meist die Grundlage dafür, finanziell Unabhängig zu werden und früh in Rente gehen zu können, meinen zumindest FIRE-Anhänger. Ist das denn wirklich so? Muss ich für 10, 20 oder 30 Jahre wirklich so frugal und konsequent Leben, um mit 50 in Rente gehen zu können? Das schauen wir uns jetzt mal genauer an.

Wie viel muss ich vorgesorgt haben?

So kommen wir nun aber zum eigentlichen Thema: wie viel muss ich denn genau vorgesorgt haben, um mit 50 in Rente gehen zu können? Um das herauszufinden, helfen dir sicherlich die 5 folgenden Schritte:

1) Lebenserwartung berechnen

Wie gesagt, steigt unsere Lebenserwartung immer weiter an. Deswegen ist der erste Schritt herauszufinden, wie alt du werden könntest. Das geht super einfach mit dem Online-Rechner des Deutschen Instituts für Altersvorsorge.

2) Wie viel brauche ich monatlich?

Im zweiten Schritt musst du dir überlegen, wie viel du monatlich brauchst oder zur Verfügung haben möchtest. Grundsätzlich sagt man, dass man im Rentenalter weniger Geld braucht. Als Richtwert sind  80% des letzten Einkommens ideal, um auch im Alter ein gutes Leben führen zu können. Doch hat man mit 50 ja noch andere Bedürfnisse als mit 67. Wenn du früher in Rente gehen möchtest, würde ich mir deshalb zwei Szenarien überlegen:

  • wie viel Geld möchte ich monatlich zu Verfügung haben im Alter zwischen 50 und 67?
  • was brauche ich mit 67 noch monatlich an Rente?

 

Wichtig sind Fixkosten und Eventualitäten, die dabei auf dich zukommen könnten. Also kalkuliere auch einen Notgroschen dafür ein, wie Reparaturen am Haus, kaputte Waschmaschine, usw.  Überlege dir auch immer dabei, was du mit deiner Freizeit anfangen möchtest. Es gibt sicherlich einen Grund, wieso du überhaupt so früh in Rente gehen magst. Sind es bestimmte Hobbys wie Reisen, Segeltouren, Malkurse, Sportarten wie Skifahren, etc. die teuer sind? Dann solltest du dieses Budget definitiv in die monatliche Summe mit einkalkulieren.

Jetzt darfst du aber nicht die Inflation vergessen und musst diese mit reinrechnen. Zwar wird die Inflation mittelfristig lieber sinken, aber mit 2 solltest du trotzdem rechnen. Denn die 2% Inflationsrate wird immer angestrebt, da diese Rate gut für ein gesundes wirtschaftliches Wachstum ist. Möchtest du in deiner Rente monatlich so viel zu Verfügung haben, was heute 1.500€ Wert sind, brauchst du in 30 Jahren dafür 2.717,04€. Beachte außerdem, dass du Krankenkassenbeiträge zwischen den 50.  Und 67. Lebensjahr komplett übernehmen musst. Und ab 67 Jahren die Hälfte dazu zahlst.

 3) Wie viel Abzüge in der gesetzlichen Rente?

Kommen wir zum komplizierteren uns sagen wir mal nicht so erfreulichen Teil. Wenn du mit 50 in Rente gehst, wirst du erhebliche Abzüge bekommen. Mit allzu viel aus der gesetzlichen Rente solltest du also nicht rechnen. Pro Jahr musst du dir 3,6% von der zu erwarteten Rente eben abziehen. Und für jedes Jahr, welches du nicht arbeitest, zahlst du auch nichts ein und erhältst somit keine weiteren Punkte.

Ausnahme: du kaufst dir ab dem 50. Lebensjahr mittels Sonderzahlungen an die Rentenkasse selbst Punkte dazu. Dafür musst du der Deutschen Rentenversicherung dein Vorhaben mitteilen. Die daraufhin entsprechend hohe Sonderzahlungen berechnet, um Abzüge auszugleichen.

Achtung: Bevor du aus eigener Tasche zusätzliches Geld in die Rentenkasse investierst, lohnt es sich bei einem Experten beraten zu lassen, ob eine private Rentenversicherung oder andere Anlagemöglichkeiten nicht eine höhere Rendite erzielen. Und du im Endeffekt davon mehr hast.

Gleiche deine Abzüge aus der gesetzlichen Rente mit einer ETF-Rentenversicherung aus

Das kannst du z.B. auch bei uns in der Beratung machen. Und durchrechnen, ob eine ETF-Rentenversicherung nicht die bessere Möglichkeit für dich ist, um Abzüge aus der gesetzlichen Rente auszugleichen. Dabei sehen wir uns an, wie hoch deine zu erwartende gesetzliche Rente voraussichtlich ausfallen wird. Und wie hoch deine Rentenlücke ist und wie viel du monatlich in die ETF-RV investieren musst, um diese Lücke zu schließen. Mach doch gleich online einen kostenlosen Erstgespräch aus.

4) Welche Summe muss ich ansparen?

Hast du das mit den Abzügen aus der gesetzlichen Rente geklärt und deine Rentenlücke geschlossen, kannst du einen Schritt weiter gehen. Berechne die INSGESAMTE Summe, die du angespart haben musst, um mit 50 in Rente gehen zu können.

  1. Du summierst dafür zuerst deine jährliche Summe die du im Alter zwischen 50 und 67 brauchst und multiplizierst das mit 17 (weil es ja 17 Jahre sind).
  2. Dann summierst deine jährliche Summe die du ab 67 benötigst und multiplizierst das entsprechend deiner Lebenserwartung. Bei 90 Jahren also noch mal mit 23 (weil es 23 Jahre sind)
  3. Du addierst Summe 1 (die du BIS zu deinem 67. Lebensjahr brauchst) mit Summe 2 (die du AB deinem 67. Lebensjahr brauchst)

 

Jetzt weißt du welches Vermögen du aufgebaut haben musst um dein Traum verwirklichen zu können. Es gibt übrigens auch einen „Frugalisten-Rechner“ mit dem man die Summe grob ausrechnen kann, den findest du hier. Die Summe aber selbst auszurechnen, ist etwas genauer,  weil man ja die Inflation mit berücksichtigt. Der Rechner macht das leider nicht. 

Damit du mal ein Gefühl dafür bekommst, wie viel man in der Sparphase monatlich zu Seite legen und investieren müsste, habe ich das Ganze mal für mich ausgerechnet: Gehen wir davon aus, dass ich frühzeitig aufhöre zu arbeiten und ab meinen 50. Lebensjahr 2.000€ zu Verfügung haben will. Um das zu erreichen, müsste ich 20 Jahre lang 1.200€ in breitgestreute ETFs mit einer Rendite von 6% investieren. Das sind grob gerechnet insgesamt 288.000€, die ich also investiert haben muss.

Kalkuliere die Inflation mit ein

Apropos Inflation: Dass du die Inflation mit 2% mit einkalkulieren solltest in deine Rechnung, habe ich ja bereits erwähnt. Doch trotzdem solltest du dir wegen der Preissteigerung nochmal einen zusätzlichen Puffer in der Gesamtsumme einbringen. Warum? Weil die Inflationsrate auch höher als 2% sein kann. Hat man während der Auszahlung eine Phase wie das jetzt gerade der Fall ist, hat man ein kleines Problem. Eine Inflationsrate zwischen 7-10% ist wirklich selten, aber wie wir sehen nicht unmöglich!

5) Investiere deine monatliche Sparrate in ETFs

Um mit 50 in Rente gehen zu können, brauchst du auf den ersten Blick ein riesiges Vermögen. Doch lass dich nicht davon verunsichern. Für das Zielt solltest du deswegen nicht nur eine ETF-Rentenversicherung abschließen, um deine Rentenlücke zu schließen und Abzüge auszugleichen. Sondern grundsätzlich deine monatliche Sparrate an der Börse investieren, wie in einen ETF-Sparplan. Wenn du früh genug damit anfängst, kannst du nämlich enorm vom Zinseszins profitieren.

Sagen wir mal du besparst 30 Jahre lang dein Girokonto mit monatlich 1.000€. Dann hast du nach 30 Jahren 360.000€ auf dem Konto liegen, was sich ja schon nach einer schönen Summe anhört. Da geht aber noch mehr! Investierst du jetzt diese 1.000€ in Aktien & ETFs, bei einer Rendite von 6% (die schon niedrig angesetzt ist), dann hast du nach 30 Jahren sogar ca. 860.000€ – das sind 500.000€ an Gewinn!

Allein nur deshalb, weil du deine monatliche Sparrate nicht auf dein Konto, sondern in einen Aktien- oder ETF-Sparplan investierst. Order- und Verwaltungsgebühren habe ich da übrigens schon mit reingerechnet bzw. abgezogen. Also wie du siehst, hat der Zinseszins einen der größten Hebeleffekte überhaupt, was viele unterschätzen.

An was du noch denken solltest

Mit viel Sparsamkeit, hohen Einnahmen, hartnäckiges Investieren und guter Kalkulation ist es möglich auch mit 50 in Rente zu gehen. 1.200€ pro Monat anzusparen und zu investieren ist eine beachtliche Summe. Ob man auf über Jahrzehnte hinweg auf so viel Geld verzichten möchte und kann, muss jeder für sich selbst herausfinden. Es gibt hier aber auch gewisse Themen, die ich aber als kritisch erachte und die unbedingt mitgedacht werden sollten.

1.) Man muss viel verdienen

Das ist die Grundvoraussetzung. Ich glaube für den Großteil der Gesellschaft ist das nicht einfach umzusetzen, bspw. 1.200€ jeden Monat zu investieren. Mit einem Durchschnittsgehalt von ca. 38.000€ brutto pro Jahr (Stand 2022) könnte das ziemlich schwer werden.

2.) Man muss im Hier und Heute verzichten

Die Frage ist doch, ob man es schafft man finanziell über so einen langen Zeitraum so frugal zu leben? Mit viel Disziplin und Kampfgeist ist das sicherlich möglich. Sparsamkeit ist eine Tugend und wer er schafft genügsam zu leben finde ich erstrebenswert. Doch will man das so extrem für eine so lange Zeit? 20 Jahre Verzicht, um ab dem 50. Lebensjahr frei zu leben. Was verpasst man in diesen 20 Jahren alles? Und was ist, wenn man mit 50 plötzlich eine schwere Diagnose bekommt und nicht mehr fähig ist all die Dinge zu tun, die man sich vorgenommen hat? Ich kann mir gut vorstellen, dass man es dann bereut. Wie oft ist die goldene Mitte sicherlich auch hier das Zauberwort. An die Zukunft zu denken ich wichtig, aber im Hier und Jetzt glücklich und zufrieden zu sein eben auch.

3.) Die Inflation

Dass die Inflation mit einkalkuliert werden muss, wissen wir ja jetzt. Und trotzdem bleibt die Inflation ein sehr schwer einzuschätzendes Risiko. Es kann Zeiten geben, wo sie deutlich höher ausfällt. Das Kapital ist dann schneller aufgebraucht als gedacht und sollte mit einem großen Puffer abgesichert werden.

4.) Kursschwankungen an der Börse

Die Rechnung mit 50 in Rente zu gehen geht nur auf, wenn man das Geld investiert. Doch was ist, wenn es genau dann zu einer schwierigen Lage an der Börse kommt, wenn du in Rente gehen willst? Hier fehlt dann die Sicherheit, die man durch die gesetzliche Rente oder ETF-Rentenversicherung hätte. Auch für diesen Fall sollte man ausreichend Budget als Puffer mit einrechnen.

5.) Steuern müssen auch in der Rente bezahlt werden

Wenn du ab deinem 50. Lebensjahr aus passiven Einkommensquellen Einnahmen erzielen willst, handelt es sich um Kapitalerträge. Diese Art von Einkünften muss besteuert werden. Woran viele nicht denken: Auch Steuern können sich in der Zukunft ändern– positiv als auch negativ.

6.) Das Langlebigkeitsrisiko

Das Langlebigkeitsrisiko ist für mich der größte Unsicherheitsfaktor: Es betrifft nicht nur diejenigen, die vorhaben früher in Rente zu gehen, sondern allgemein jeden in Deutschland. Das Problem nämlich: Wir werden alle immer älter. Und wer länger lebt, braucht folglich auch länger bzw. mehr Rente. Leben wir also alle viel länger, steigt das Risiko, nicht ausreichend Kapital für die Rente zu Verfügung hat. Die Gefahr in die Altersarmut zu Rutschen ist grundsätzlich also sehr hoch, wenn man nicht selbst ausreichend vorsorgt. Und wenn du sehr viel früher in Rente gehen möchtest, musst du auf dieses Risiko noch einmal mehr achten. Wenn du übrigens näheres zum Langlebigkeitsrisiko wissen willst, kannst du das in einem anderen Blogartikel hier mal nachlesen.

Fazit

Fassen wir also noch mal zusammen. Um dein Ziel mit 50 in Rente gehen, zu erreichen braucht es 5 Schritte: Berechne deine Lebenserwartung, welches Budget du ab dem 50. Lebensjahr monatlich brauchst, welche Abzüge du in der gesetzlichen Rente bekommst und schließlich welche Summe du insgesamt angespart haben musst, um dir die frühe Rente leisten zu können. Dann kannst du im 5. Schritt das Thema aktiv angehen und deine monatliche Sparrate an der Börse investieren. Daraus ergeben sich dann 3 „Lebensphasen“ für dich:

  • Die Sparphase, die bis zu deinem 50. Lebensjahr geht
  • Die Phase in der du ausschließlich von deinem privaten Vermögen lebst (also von deinem 50. Bis zum 67. Lebensjahr)
  • Und die Phase ab dem 67. Lebensjahr in der sich dein Einkommen aus gesetzlicher Rente und privater Rente zusammensetzt

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